Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Anträge |
Antragsteller*in: | Ingrid Nestle, (KV Steinburg), Bernd Voß (KV Steinburg) (Steinburg KV) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 22.02.2019, 14:13 |
E 3: Für eine smarte Energiewende statt einer verschlafenen Digitalpolitik
Antragstext
Die Umstellung fast der kompletten Energieversorgung auf umweltfreundliche
Technologien und Konzepte ist ein Jahrhundertprojekt. Es bedarf großer
Anstrengungen, ist aber für unsere Gesellschaft überlebensnotwendig und bietet
vielfältige Chancen. So machen wir uns unabhängiger von fossilen Importen,
reduzieren neben Klimagasen auch gesundheitsschädliche Luftschadstoffe und haben
ca. 20 Mal mehr Jobs bei den erneuerbaren Energien geschaffen, als es in
Deutschland in der Kohle noch gibt. Es ist ein hochlohnendes Projekt für die
ökologische und wirtschaftliche Zukunft unserer Kinder, aber es hakt an immer
mehr Stellen. Das Problem ist dabei nicht die Umstellung von Kohle und Atom auf
erneuerbare Energien. Das Problem ist das Missmanagement der Energiewende.
Der Smart Meter Rollout ist ein weiteres Element der Energiewende, das die
Bundesregierung durch pure Lethargie an die Wand fährt. Ist erst das Überangebot
an Kohlestrom abgebaut, werden flexible Verbraucher, systemdienliche Speicher
und zeitlich optimierte Einbindung von Elektromobilität und Wärmepumpen zum
zentralen Bestandteil der Energiewende. Der Smart Meter gibt den „aktiven
Kunden“ einen Einblick, zu welchen Zeiten Energie sinnvoll verbraucht und zu
welchen Zeiten Energie eingespart oder in das Netz zurückgespeist wird. Wir
wollen dazu auch kleinen Akteuren bis hin zu einzelnen Haushalten den Zugang zu
den Märkten wie zum Beispiel für Regelenergie eröffnen und sie somit an den
Gewinnen der Stromwirtschaft beteiligen. Nicht zuletzt können sogenannte
Prosumer aktiv zur lokalen Wertschöpfung beitragen. So werden schlussendlich
diejenigen belohnt, die über smarte Lösungen ihre E-Autos in der Nacht aufladen
anstatt parallel zur Tagesschau und die ihre Wärmepumpen entlang der
Verfügbarkeit von Wind und Sonne optimieren.
Aber die Bundesregierung hat die Rahmenbedingungen nicht geschaffen, damit der
Nutzen, den flexible Verbraucher für das Gesamtsystem schaffen, auch belohnt
wird. Eine lange erwartete Reform der Abgaben und Umlagen lehnt die Regierung
ebenso ab wie einen fairen Preis auf CO2. Das bedeutet, dass die Kunden heute
kaum belohnt werden, wenn sie ihr E-Auto zur passenden Uhrzeit laden und somit
wertvolle Flexibilität für den Strommarkt anbieten. Der smarte Verbrauch wird
Gold wert sein für die Stromversorgung der Zukunft. Da muss die Bundesregierung
dafür sorgen, dass wenigstens ein Teil dieses Vorteils für das Gesamtsystem auch
beim Einzelnen ankommt. Sonst kann weder E-Mobilität zum Erfolg werden, noch
können die zahlreichen Potentiale in Wirtschaft und Gewerbe gehoben werden. Und
leider ist auch der Zeitplan für die Zertifizierung der Smart Meter Gateways
völlig aus dem Ruder gelaufen. So fehlen wertvolle Erfahrungen, die mit dem
Einsatz der Geräte in kleinerem Maßstab hätten gemacht werden können - z.B. im
Rahmen der Schaufenster-Projekte.
Die Regierung flankiert den umfassenden Einbau von digitaler Technologie auch
mit keinerlei öffentlicher Begleitung und Erklärung. So ist es nicht
verwunderlich, dass bis heute kaum jemand weiß, dass IT-Sicherheit und
Datenschutz bei den Smart Meter Gateways auf Bankenniveau sind. Und der sehr
hohe Schutz-Level ist richtig. Wir werden bei der Digitalisierung der
Energiewende immer auf sehr hohe Standards bei der IT-Sicherheit und dem
Datenschutz achten.
Die meisten Kunden werden trotz intelligenter Messtechnik ihren eigenen
Stromverbrauch nur beobachten können, wenn sie dazu in den Keller steigen und
mit einer Taschenlampe einen Lichtcode in das Messgerät eingeben.
Dabei hat allein die Visualisierung des Verbrauchs schon bemerkenswerte
Vorteile: Im Schnitt sparen Haushalte dadurch ca. 12% des Stromverbrauchs ein.
Deutschlandweit ist das mehr als doppelt so viel Strom, als das gigantische
Kohlekraftwerk in Hamburg Moorburg erzeugt. Die Bundesregierung sucht
händeringend nach Potentialen für den Klimaschutz? Hier wäre eins.
Wir fordern ein, dass die Chancen der Digitalisierung für die Energiewende nicht
länger derart sträflich ignoriert werden. Wir fordern ein, dass die
Bundesregierung aktiv dafür sorgt, dass zeitliche Preissignale bei den Endkunden
ankommen und diese so von den Vorteilen der smarten Messsysteme profitieren
können. Und wir werden politisch dafür kämpfen, dass auch kleine Akteure stark
gemacht werden im System der Energiewende und Zugang zu den wichtigen Märkten
erhalten.
Wir bitten Stadtwerke darauf hinzuarbeiten, auch Wärme- und Wasserverbrauch bei
den Haushalten mit Smart Meter Gateway elektronisch abzulesen, anstatt zwei
Ablesesysteme parallel zu unterhalten.
Denjenigen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien bremsen, weil sie eine
angebliche Lücke bei der Versorgung mit Speichern befürchten, rufen wir zu:
Speicher sind nur eine von vielen Flexibilitätsoptionen in Deutschland. Es gibt
riesige Potentiale für dezentrale Speicher, Verbrauchssteuerung und
Sektorkopplung; die zusätzlich zu den regelbaren Erneuerbaren und dem
überregionalen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch problemlos 100% Erneuerbare
abbilden können. Wer sich nicht einmal darum kümmert, dass Netze und Verbraucher
smart werden, bei dem wird schnell erkennbar, um was es sich bei der Klage um
angeblich fehlende Speicher handelt: um eine reine Ausrede, um nicht zuzugeben,
dass er oder sie die Energiewende überhaupt nicht will.
Begründung
Erfolgt mündlich.
Zustimmung
- Arne-Matz Ramcke
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